Überschwemmungen in Libyen
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...Dschidda, die saudische Hafenstadt, ist seit Jahrhunderten nicht nur der Ankunftsort für Pilger auf dem Weg nach Mekka, sondern auch wichtiger Knotenpunkt der Handelsrouten zwischen Indischem Ozean und Mittelmeer. Am 26. Oktober 2021 stellte Prof. Dr. Ulrike Freitag, Direktorin des Leibniz-Zentrum Moderner Orient (ZMO), Professorin für Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin und DAFG-Beiratsmitglied, ihre Studie „A History of Jeddah. The Gate to Mecca in the Nineteenth and Twentieth Centuries“ (Cambridge: Cambridge University Press, 2020) vor, die die Geschichte Dschiddas und ihrer vielfältigen Bevölkerung über zwei prägende Jahrzehnte verfolgt. Die Veranstaltung wurde in Kooperation und mit der Unterstützung des ZMO und der Berlin Graduate School Muslim Cultures and Societies organisiert und von DAFG-Vorstandsmitglied Wolf R. Schwippert, der selber viele Jahre in Dschidda gelebt und gearbeitet hat, moderiert.
In ihrer von der Kritik hochgelobten Biographie Dschiddas entwirft Ulrike Freitag ein umfassendes Bild der Hafenstadt am Roten Meer von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts – eine Zeitspanne, in die tiefgreifende Ereignisse wie die Eröffnung des Suezkanals, das Erstarken des europäischen Imperialismus und der Beginn des Öl Booms fallen. Veränderungen und Ereignisse, die auch Dschidda als wichtigen Handelsknotenpunkt und Zwischenstation der Pilger auf dem Weg nach Mekka in der Entwicklung beeinflussten. In ihrer umfassenden Studie richtet Freitag dabei ihr besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen dieser Veränderungen auf die vielfältige Bevölkerung der Stadt, ihre Weltoffenheit und ihren kosmopolitischen Charakter. Was macht Dschidda „ghair“, also anders, als vergleichbare Städte in Saudi Arabien? Wie entstand die multikulturelle Gesellschaft Dschiddas, wie organisierte sie sich und wie reagierte sie auf sich verändernde politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen?
Auch in ihrer Buchvorstellung folgte Freitag diesen Fragen und porträtierte mit ausgewählten Beispielen und vielen historischen Bilddokumenten die saudische Metropole. Dabei gab sie nicht nur einen Überblick über Dschiddas politische und wirtschaftliche Geschichte im Kontext globaler Entwicklungen, sondern auch Einblicke in die Veränderungen des urbanen Raumes und seine Folgen für die Bevölkerung Dschiddas – von der Auswirkungen der Suezkanaleröffnung auf die internationale Bedeutung Dschiddas bis hin zu den zahlreichen Pandemien, die Dschidda im Zuge der zunehmenden Globalisierung heimsuchten. Mit wenigen, aber prägnanten Beispielen beschrieb sie zudem die soziokulturellen Strukturen des Zusammenlebens in Dschidda. So stellte Freitag zum Beispiel dar, wie einflussreiche Familien Dschiddas nicht nur den Aufbau einer staatlichen Schule durchsetzten, sondern auch die Gründung von Privatschulen vorantrieben, an denen – im Gegensatz zu den staatlichen osmanischen Schulen – Arabisch Unterrichtssprache war. Aber auch Beispiele wie die Gründung des ersten Fußballklubs sowie der große politische Einfluss einiger ursprünglich kultureller Versammlungen Dschiddas illustrierten das Zusammenleben und Zusammenwirken der Bevölkerung Dschiddas im lokalen und translokalen Kontext.
Kurz, aber prägnant, zeichnete Freitag die Migrationsgeschichte der einflussreichen Al Rida Familie nach, die stellvertretend für die vielen Geschichten von Migration und den sozialen Auf- oder Abstieg vieler Bewohner Dschiddas steht – ob Handelstreibende aus Ostafrika, Ägypten, dem Balkan oder dem Maghreb, ob ehemalige Sklaven, vor der französischen Kolonialexpansion Geflüchtete aus Mauretanien, Mali und Niger oder Pilger, die sich nach der Hadsch in Dschidda ansiedelten. Freitag gelang es in ihrer Buchvorstellung mit wenigen Beispielen ein komplexes Bild des kosmopolitischen sozialen Gefüges der saudischen Hafenstadt und der verschiedensten Schicksale ihrer Bewohner und Bewohnerinnen zu entwerfen.
Doch dieses Bild sei nicht nur „durch die rosarote Brille betrachtet“, wie Freitag betonte. Denn auch die dunkleren Kapitel Dschiddas werden in Freitags Studie behandelt. So sei Dschidda auch ein wichtiger Umschlagplatz für den Sklavenhandel in das Osmanische Reich und den Golf gewesen. Die religiöse Toleranz, die Dschidda ebenfalls oft zugeschrieben werde, sei durch das Massaker an christlichen Händlern 1858 in Frage gestellt. Vor allem sei Dschidda aber auch selber nicht immer nur positiv assoziiert: Dschidda ist „nicht heilig wie Mekka, es ist ein Ort der Begegnung, ein Ort, den man dort auch „dihliz“ nennt“, so Freitag. „Dihliz“, das ist nicht nur die Bezeichnung des Eingangsbereich der Häuser in der Altstadt Dschiddas – also ein Ort an dem Fremde eintreten, die Grenze zwischen Öffentlichkeit und Privatheit verschwimmt – sondern auch Ausdruck für einen nicht eindeutig positiven, ambivalenten, fast zwielichtigen Ort. Als Hafenstadt mit vielen Möglichkeiten des Handels aller Art, aber auch ein Ort, an dem Prostitution, Alkohol und Vergnügungen oft zweifelhafter moralischer Natur zum Alltag gehören, wird Dschidda mit der Idee des „dihliz“ assoziiert und zeigt so auch das oft zwiespältige Verhältnis zu Dschidda und die Vorbehalte, die gegenüber der Weltoffenheit und „Andersartigkeit“ der Metropole existierten und noch existieren.
Denn Dschidda hat seine Andersartigkeit durch die Jahrhunderte hindurch behalten – auch wenn sich die soziale Struktur der Stadt durch die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in Saudi Arabien natürlich verändert hat. So sei das in den vorherigen Jahrhunderten noch selbstverständliche Zusammenleben von verschiedensten sozialen Schichten in der Altstadt nicht mehr gegeben, das gesellschaftliche Leben separierter. Doch die Weltoffenheit und den kosmopolitischen Charakter habe Dschidda nicht verloren, wie sowohl Ulrike Freitag als auch der Moderator Wolf Schwippert betonten. Gerade diese sei es auch, die nun auch Dschiddas Stärke und Vorteil ausmache: Denn Dschidda gelte, so Freitag, als „das Beispiel für ein offenes, nicht fremdenfeindliches, cooles neues Saudi Arabien“.
In der anschließenden Diskussion konnten die zahlreichen auch internationalen Teilnehmer und Teilnehmerinnen Fragen zu Dschidda und der Studie stellen – eine Möglichkeit die intensiv genutzt wurde, um einige Aspekte der Geschichte und Entwicklung Dschiddas noch weiter zu vertiefen.
Prof. Dr. Ulrike Freitag, A History of Jeddah. The Gate to Mecca in the Nineteenth and Twentieth Centuries, (Cambridge: Cambridge University Press, 2020)
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