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Wiederaufbau Aleppos nach Krieg und Erdbeben

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Das verheerende Erdbeben in Teilen der Türkei und Nordsyriens im Februar 2023 hat auch die syrische Metropole Aleppo schwer getroffen. Die seit 1986 zum Weltkulturerbe gehörende Stadt konnte gerade kleine Erfolge im Wiederaufbau nach dem Bürgerkrieg erzielen und steht nun doch wieder vor Trümmern und Ungewissheit. Am 29. März 2023, nur knapp anderthalb Monate nach dem Erbeben, berichtete Architekt und Experte für Wiederaufbau, Thierry Grandin in der DAFG-Geschäftsstelle in seinem Vortrag „Wiederaufbau nach Krieg und Erdbeben – Rettungspläne für die Altstadt Aleppos“ über die aktuelle Situation in Aleppo und die neuen Herausforderungen für den Wiederaufbau. Organisiert wurde die Veranstaltung von der DAFG – Deutsch-Arabischen Freundschaftsgesellschaft e.V. in Kooperation mit den Freunden der Altstadt von Aleppo e.V., Berlin, Stuttgart.

In seinem Grußwort wies DAFG-Vizepräsident Prof. Dr. Claus-Peter Haase auf die verheerende Situation in Aleppo hin und rief dazu auf, Spendeninitiativen wie die der Freunde der Altstadt von Aleppo e.V. oder des Syrian Heritage Archives zu unterstützen, um direkte Hilfe vor Ort leisten zu können. Auch Prof. Dr. Mamoun Fansa, Vorsitzender der Freunde der Altstadt von Aleppo e.V., betonte ebenfalls die Notwendigkeit einer nachhaltigen Unterstützung Aleppos und stellte den Verein der Freunde der Altstadt von Aleppo e.V. vor, der sich schon seit 1990 für Aleppo engagiert und den Vortrag Thierry Grandins schon 2022 initiiert hatte. Denn Grandin ist nicht nur ausgewiesener Experte für Restaurierungs- und Wiederaufbauprojekte in Syrien und Irak, sondern begleitet auch als Berater Restaurierungsprojekte für den Aga Kahn Trust for Culture in Aleppo. Er war zudem eng in das GIZ-Projekt zur Rehabilitierung der Altstadt von Aleppo (1994 – 2012) eingebunden, erlebte die Zerstörung dieser Bemühungen durch die kriegerischen Auseinandersetzungen 2012 und begleitete den erneuten Wiederaufbau von 2017 bis 2022.

Erfolgreiche Wiederaufbauprojekte in Aleppo vor dem Erdbeben

Dieser Wiederaufbau sollte ursprünglich im Mittelpunkt des Vortrags stehen. Die ab 1990 erfolgten Maßnahmen zur Rekonstruktion und Erhalt der Altstadt Aleppos konnten 2012 erfolgreich abgeschlossen werden. Doch nur wenig später erreichte der Krieg auch Aleppo und machte diesen Erfolg zunnichte. Ab 2017 begann das Directorate of the Old City mit den ersten Räum- und Sicherungsmaßnahmen und dem Aufbau der Infrastruktur. Weitere Wiederaufbaumaßnahmen konzentrierten sich in den folgenden Jahren auf Gebiete und Gebäude von großer kultureller, sozialer und letztendlich auch wirtschaftlicher Bedeutung wie dem berühmten Souk, die Zitadelle und die östlichen Gebiete der Stadt.

Auch das immaterielle Kulturerbe retten

Wie Thierry Grandin mit viel Insiderwissen und aktuellem Bildmaterial darstellte, konnten 2022 tatsächlich viele der Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. Als Beispiel führte Grandin die vom Aga Khan Trust für Culture durchgeführten Rekonstruktionen des Soul al Saqatiya und de Souk Khan al-Harir an, in die persönlich involviert war. Auch andere Akteure wie das Directorate of Waf, das für die erfolgreiche Rehabilitation von 70 Moscheen verantwortlich zeichnete, sowie Privatinitiativen und Freiwillige, trugen zu den Wiederaufbauanstrengungen bei. Neben dem Erhalt des materiellen Kulturerbes stand dabei auch der Erhalt des immateriellen Kulturerbes, insbesondere des Wissens über traditionelle Steinbearbeitungs- und Mörteltechniken, und die Ausbildung von Handwerkern in den traditionellen Bautechniken  im Vordergrund. Dies, so Grandin, sei von zentraler Bedeutung: „Das immaterielle Kulturerbe muss erhalten werden, damit man in Zukunft auch das materielle Kulturerbe erhalten kann,“ so Grandin. Die wenigen, doch erfolgreichen Wiederaufbaumaßnahmen hatten, so Grandin, zudem einen weiteren wichtigen Aspekt: Sie vermittelten den Bewohnern und Bewohnerinnen Aleppos ein Gefühl von Stolz, Hoffnung und Zuversicht und sendeten ein Signal an die internationale Gemeinschaft, dass ein Wiederaufbau trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge möglich ist.

Herausforderungen nach dem Erdbeben: Ist ein Wiederaufbau möglich?

Doch das Erdbeben im Februar 2023 zerstörte all diese Bemühungen: Mit aktuellsten Fotos aus Aleppo unterstrich Thierry Grandin eindrucksvoll das Ausmaß der Zerstörungen. Minarette, bedeutenden historische Gebäude, die Türme der Stadtmauer – nur wenig konnte den heftigen Erdstößen standhalten. Erste Maßnahmen wie die Sicherung einsturzgefährdeter Gebäude und die Bestandsaufnahme und Dokumentation der Schäden sind angelaufen, doch ein Wiederaufbau scheint fast unmöglich: Zu groß sind die Herausforderungen. So sei beispielsweise das Wissen über traditionelle Steinbearbeitung vorhanden, das Knowhow über Holz und Metall sei aber mangelhaft, so Grandin. Ebenso erschwere Uneinigkeit darüber, ob Gebäude in ihrer ursprünglichen Form rekonstruiert oder komplett neu gebaut werden sollten, den Wiederaufbau.

Internationale Hilfe nötig

Das zentralste Problem aber sieht Grandin vor allem in dem Mangel an Personal, Material und finanziellen Mitteln. Die wirtschaftlich prekäre Lage erlaubt es den Bewohnern Aleppos nicht ihre Häuser selbstständig wiederaufzubauen. Ohne internationale finanzielle und technische Hilfe sei ein Wiederaufbau praktisch unmöglich. Eine Hilfe, die sich aber nicht nur auf die Architektur Aleppos konzentrieren sollte, sondern auch das immaterielle Kulturerbe Aleppos und Aleppos Rolle als Lebensraum nicht außer Acht lassen sollte. Denn, so Grandin in seinem Fazit, „Der Wiederaufbau der Stadt wird davon abhängen, ob die Bevölkerung zurückkehren und die Stadt mit Leben füllen kann.“

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