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Auftakt DAFG-Reihe "kutub kutub" mit der Arabistik Bamberg

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Arabische Literatur  – das ist mehr als die Erzählungen von 1001 Nacht. Die arabische Literatur gilt als eine der vielfältigsten und umfangreichsten der Weltliteratur und doch hat arabische Literatur in Deutschland noch kein großes Publikum gefunden. Mit der neuen Literaturreihe kutub kutub – Gespräche über arabische Literatur möchte die DAFG – Deutsch-Arabische Freundschaftsgesellschaft e.V. dies ändern. Den Auftakt der Reihe bildete am 8. Juni 2021 die Veranstaltung „Mehr als 1001 Nächte: Eine Einführung in die arabische Literatur“ am 8. Juni 2021, in der das Team der Professur für Arabistik der Universität Bamberg zum Einstieg in das Thema einen Ein- und Überblick über die arabische Literatur bot.  Moderiert wurde die Veranstaltung von Imane El Guennouni, Autorin und Lyrikerin und gleichzeitig Masterstudentin der Arabistik in Bamberg.

Neugierig machen auf arabische Literatur

Die neue DAFG-Reihe „kutub kutub“ – auf Deutsch „Bücher Bücher“ – versucht die arabische Literatur in all ihrer Vielfalt in den Mittelpunkt zu stellen, wie DAFG-Referentin für Kultur, Bildung & Wissenschaft in ihrer Begrüßung deutlich machte. Ob Kinderbuch, Science Fiction, oder die „Klassiker“, ob bekannte Autor*innen oder neue Talente, ob Lyrik oder Prosa – kutub kutub soll neugierig machen und dazu einladen, die arabische Literatur zu entdecken. Dazu gehören nicht nur Lesungen und Vorträge, sondern auch Begegnungen und Gespräche mit Verleger*innen in Deutschland und der arabischen Welt, Übersetzer*innen und Literaturwissenschaftler*innen.

Zur Eröffnung der Reihe lud das Team der Professur für Arabistik der Universität zum Gespräch. Mit kurzen Impulsvorträgen gaben Prof. Dr. Lale Behzadi, Dr. Peter Konerding und Savane Al Hassani-Schmitt einen ersten Überblick über die Geschichte und Sprache arabischer Literatur und stellten die  Herausforderungen literarischer Übersetzungen dar.

Beispiellose Kontinuität der arabischen Sprache

Den Auftakt machte Prof. Dr. Lale Behzadi, Inhaberin der Professur für Arabistik an der Universität Bamberger, die sich der „riesengroßen Herausforderung“ stellte, den Zuschauern und Zuschauerinnen einen Überblick über 1400 Jahre arabischer Literaturgeschichte zu geben, die im 7. Jahrhundert mit den ersten literarischen Aufzeichnungen beginnt. Literarische Erzeugnisse, insbesondere Lyrik und oral tradierte Geschichten über arabische Helden und Heldinnen existierten zwar schon vor dieser Zeit, wurden aber erst mit dem Beginn der islamischen Zeitrechnung verschriftlicht. Diese zwei Pfeiler, die vorislamische Dichtkunst und der für die arabische Sprache ästhetische und sprachliche Maßstäbe setzende Koran, so Behzadi, hat dann „für eine beispiellose Kontinuität der arabischen Sprache bis in die Moderne gesorgt, die auf der Welt ihresgleichen sucht.“  

Großer Stellenwert von arabischer Sprache und Literatur in der arabischen Gesellschaft

Durch die die islamischen Eroberungen breitete sich die arabische Sprache und Literatur Mitte des 8. Jahrhunderts aus, die zunehmende Urbanisierung förderte die Hofkultur und damit die Literatur, die gleichzeitig durch Dezentralisierung und geografische Ausdehnung „unglaublich vielfältig und bunt“ wurde, wie Behzadi darstellte. Eine Vielfalt, der die Bezeichnung „arabische Literatur“ kaum gerecht werde. Das wäre „als spräche man immer nur von der europäischen Literatur ohne jede Differenzierung“ so Behzadi. Gerade in der modernen Literatur seien regionale Unterschiede bedeutsam.

Als ein Beispiel für die faszinierende Literatur des arabischen Mittelalters empfahl Prof. Behzadi den Zuschauern Abū l-Farağ al-Iṣfahānīs (897-972) „Buch der Lieder“, ein „Who is Who der arabischen Kultur des Mittelalters“. Die aus Poesie und Prosa bestehende Sammlung sei eine „Schatztruhe von Literatur“, ein biographisches Lexikon, Werkverzeichnis, Versammlung und eine Anleitung zur Vertonung von Versen und gäbe einen faszinierenden Einblick in den Literaturbetrieb der Zeit. Vor allem werde aber deutlich, dass die gesellschaftliche Stellung der Literatur ganz zentral war und ein richtiger, geschickter Umgang mit der arabischen Sprache Voraussetzung für den sozialen Aufstieg war: „Man konnte in dieser Gesellschaft nichts werden, wenn man nicht mit der arabischen Sprache umgehen konnte“, unterstrich Behzadi.

Immense Ausdehnung des Arabischen

Was ist überhaupt „die arabische Sprache“ – diese Frage stand dann im Mittelpunkt des nächsten Impulsvortrags von Dr. Peter Konerding, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Arabistik Bamberg. „So banal die Frage sein mag“, so Konerding, „so unterschiedliche fallen die Antworten aus.“ Denn neben dem Hocharabisch existiert natürlich noch eine Vielzahl arabischer Dialekte. Arabisch hat in seiner Geschichte eine immense Ausdehnung erfahren: Im gesamten islamischen Kulturkreis wird Hocharabisch als Kultur- und Bildungssprache benutzt. Trotz lexikalischer Erneuerungen im Zuge der Moderne im 19. Jahrhundert, blieb die Struktur der Sprache dabei weitestgehend unverändert – ein einzigartiges Phänomen in der Welt. Eingesetzt wird  Hocharabisch vor allem in Zeitungen, politischen Talkshows, Fußballkommentaren und in der Literatur.

Hocharabisch, Dialekte, Sprachvarietäten: Arabisch als „All in One“

Doch kein Mensch, so Konerding, hat Hocharabisch zur Muttersprache, sondern spricht als erstes einen der arabischen Dialekte, die teilweise erhebliche Unterschiede aufweisen. Die Unterschiede, so Konerding, sind vergleichbar sind mit den Unterschieden zwischen skandinavischen oder romanischen Sprachen. Dabei fungiert der Dialekt vornehmlich als Alltagssprache, doch die Grenzen sind in der Sprachpraxis selten absolut und eine strikte Trennung ist nicht möglich. Er favorisiert daher den in der Sprachwissenschaft und in der arabischen Sprachdidaktik neuen Ansatz des „Arabisch als All in one“, was bedeutet, dass Arabisch nicht nur aus sprachwissenschaftlicher und  sprachhistorischer Perspektive als aus vielen verschiedenen Sprachvarietäten bestehend betrachtet , sondern auch als „eine Sprache“ gesehen und wahrgenommen wird. Denn Dialekte werden auch in der Literatur genutzt, wie Konerding anhand einiger Beispiele aus der Literatur verdeutlichte. Und so ist es durchaus gängige Sprachpraxis, dass der Leser und die Leserin innerhalb eines Werkes verschiedene Sprachvarietäten vorfindet, erkennt und auch versteht. Eine ungewöhnliche Situation, die übertragen auf den deutschen Sprachraum bedeuten würde, dass Leser*innen in einem auf Deutsch geschrieben Buch nicht nur Hochdeutsch, sondern auch Plattdeutsch, Niederländisch, Dänisch und Höchstallemannisch vorfänden und verstünden. „Es wird vom Leser wie selbstverständlich erwartet, dass er es versteht. Das ist arabische Sprachpraxis, das ist besonders und das habe ich heute „All in One“ genannt“ so Konerding in seinem Fazit.

Herausforderungen des literarischen Übersetzens aus dem Arabischen

Die vereidigte Übersetzerin Savane Al-Hassani-Schmitt verdeutlichte dann in ihrem abschließenden Impulsvortrag mit vielen Beispielen aus dem Übersetzeralltag, die Herausforderungen, die literarische Übersetzungen aus dem Arabischen den Übersetzer*innen stellen. Literarturübersetzungen seien das Mittel, das Tor zur Welt der arabischen Literatur zu öffnen, so Al-Hassani-Schmitt, doch diese Tür ließe sich nie ganz öffnen, denn der Übersetzungsprozess wäre auch immer ein „ständiger Prozess der Entscheidungsfindung, was gerade passend erscheint.“ Wie zum Beispiel geht man mit „kulturellen Realia“ wie Essensbezeichnungen oder stark kulturell konnotierten Begriffen um, wie übersetzt man stilbildende Mittel wie Metaphern, Reime oder Wortspiele? Erhält man das sprachliche Bild oder übersetzt man die kommunikative Absicht, in dem man es in das äquivalente Bild in der Zielsprache übersetzt? Wie verhandelt man unterschiedliche Sprachebenen? All diese Fragen müssten Übersetzer und Übersetzerinnen fortwährend in ihren Übersetzungen beantworten. Dadurch entsteht im Grunde genommen ein ganz neues Werk, das manchmal auch nicht vollkommen im Sinne des Autoren oder der Autorin ist. Die Herausforderung bei literarischen Übersetzungen, so Al-Hassani-Schmitt wäre es letztendlich, einen Mittelweg zu gehen und „die Tür zu anderen Kulturen zu öffnen, dies aber nicht auf Kosten der Lesbarkeit“ zu erreichen.

In der anschließenden Fragerunde konnten die Zuschauer und Zuschauerinnen den Referenten und Referentinnen direkt Fragen zu arabischer Literatur und Sprache stellen. Eine Möglichkeit, die aktiv genutzt wurde – vor allem, um noch weitere Lese- und Literaturtipps von den Experten zu bekommen. Die Veranstaltung hat damit gezeigt, dass das Interesse an arabischer Literatur durchaus groß ist, es oft aber der arabischen Literatur an Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung und den bekannten Kanälen von Literaturvermittlung mangelt. Das versucht kutub kutub in Zukunft zumindest ein wenig zu verändern und der arabischen Literatur eine Plattform zu bieten, Leserinnen und Leser Anregungen zu geben und arabische Literaten mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Die Reihe wird in lockerer Reihenfolge in den nächsten Monaten fortgesetzt.

Die Literaturempfehlungen der Referenten und Referentinnen der Auftaktveranstaltung sind auf der Webseite hier nachzulesen.

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